Kindgerechte Aufklärung

Aufgeklärte Kinder sind starke und selbstbewusste Kinder

Genauso wie wir Kinder vor den Gefahren des Straßenverkehrs warnen – und zwar beständig und über Jahre hinweg – sollten wir Kinder und Jugendliche auch vor den Gefahren der Grenzüberschreitungen durch andere Personen warnen.

Denn auch, wenn sie nicht selbst betroffen sind, kommen sie aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann in ihrem Leben mit Betroffenen in Kontakt. Studien legen nahe, dass Kinder und Jugendliche sehr oft untereinander Rat suchen, sich anvertrauen und Geheimnisse teilen. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass sie solche Geheimnisse nicht allein tragen können und sollen, dass es Themen gibt, die in die Hände von kompetenten Erwachsenen gehören.

Wenn ein Kind ein gesundes Vertrauensverhältnis zu seinen Bezugspersonen hat, wird es sich im Fall der Fälle wie selbstverständlich an diese wenden.

Wichtig ist, dass Aufklärung nicht als einmaliges Gespräch, das man “hinter sich bringen muss”, angesehen wird. Sondern als Prozess, der dem Alter des Kindes entsprechend an Informationsgehalt zunimmt. Kinder müssen wissen, dass sie sich jederzeit mit Fragen an uns wenden können, wir nicht beschämt wegschauen oder gar sagen: “Über so etwas spricht man nicht”.

Vor der Aufklärung über Missbrauch steht natürlich die Aufklärung über eine normale, gesunde Sexualität. Kinder sollten über ihren Körper und sämtliche Vorgänge Bescheid wissen. Wenn das Thema Sexualität allgemein nicht schambehaftet ist innerhalb einer Familie, sondern auf eine lockere und vernünftige Art und Weise darüber gesprochen wird, ist der grösste Schritt schon getan.

Kinder verkraften übrigens das Wissen um Gefahr in der Welt sehr gut. Eben genauso, wie sie trotz bzw. gerade durch ihr Wissen um Unfälle und unvorsichtige Verkehrsteilnehmer, mutig am Straßenverkehr teilnehmen können.

Was sie allerdings mehr als alles andere verunsichert, ist, wenn ihre Bezugspersonen selbst unsicher sind. Vermitteln Sie den Ihnen anvertrauten Kindern Stärke und Zuversicht, bleiben Sie in einem offenen Dialog und sprechen Sie Dinge an, auch wenn sie Ihnen vielleicht selbst unangenehm sind.

Es ist übrigens sehr wichtig, dass Kindern nicht immer nur vom ominösen Unbekannten im Auto erzählt wird, bei dem sie nicht mitfahren sollen. Die meisten Täter*innen sind aus der Familie oder dem nahen Umfeld der Kinder, haben ein Vertrauensverhältnis zu ihnen und nutzen dieses gezielt aus.

Deshalb ist es wichtig, Kindern die Botschaft zu vermitteln: Auch wenn es jemand ist, den ihr gut kennt, den wir mögen, dürft ihr jederzeit zu mir kommen, wenn euch irgendwas unangenehm ist. 

So entstehen selbstbewusste, starke Kinder, die bereits bei kleinen Anzeichen sexueller Belästigung wissen, was ihre Rechte sind und diese einfordern. Dann wissen auch Teenager noch lang bevor sie damit konfrontiert sind, dass auch im Internet Menschen unterwegs sind, die sich ihr Vertrauen erschleichen wollen. So entsteht erst gar keine falsche Scham, wenn man ein “dick pic” zugesendet bekommt, sondern die Kinder wissen: Das ist falsch, ich kann melden und blockieren, wir können (online) Strafanzeige erstatten und ich kann jederzeit mit Mama, Papa oder anderen Bezugspersonen darüber sprechen.

Beziehung in der Erziehung ist das A und O, auch und gerade beim Thema Aufklärung!

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